Altenkirchener August-Sander-Schule: Gewaltprävention statt Mathe, Deutsch oder Sport
Mal nicht Mathe, Deutsch oder Sport: Die Schüler aller fünf fünften Klassen der Altenkirchener August-Sander-Realschule plus mit Fachoberschule werden in dieser Woche jeweils einen Tag lang einen ganz speziellen „Unterricht“ genießen. Gewaltprävention steht auf dem Stundenplan.
Das Vorgeplänkel ist Geschichte. Die fünften Klassen werden bis einschließlich Freitag abseits des normalen Unterrichts geschult.
Altenkirchen. Es ist traurig, aber wahr: An deutschen Schulen nimmt die körperliche Gewalt unter Jungen und Mädchen zu. Und die, die nicht mit Händen und Füßen ausgeführt wird, sondern viel subtiler in den sozialen Netzwerken daherkommt und unter dem Oberbegriff Mobbing steht, macht den Verantwortlichen gleichfalls immer mehr zu schaffen. Genau an diesem Punkt setzt das Projekt „Prävention von Gewalt – eine Aktion unterstützt durch die Löwen“ an. Von drei Lions Clubs im Westerwald (Friedrich Wilhelm Raiffeisen Altenkirchen, Bad Marienberg und Westerwald/Betzdorf) als Sponsoren initiiert und über den WEISSEN RING, der in erster Linie den Opfern von Kriminalität beisteht, in sechs Bildungseinrichtungen der Region getragen, ist die August-Sander-Realschule plus mit Fachoberschule in Altenkirchen Schauplatz der Premiere. Noch bis Freitag (23. Juni) werden die Jungen und Mädchen der fünf fünften Klassen unter Anleitung von Armin Denecke, der als Fachlehrer bei der Bundespolizei arbeitet, und dessen Frau Wessna Engels-Denecke jeweils einen Tag lang ihre Utensilien für Mathe, Deutsch oder Sport vergessen können, um einmal in völlig neuen Unterrichtsstoff einzutauchen. Dem ersten Modul dieser Tage schließt sich im kommenden Jahr das zweite an, in dem die Teilnehmer beispielsweise mit Plakat-, Fotoprojekten, Theaterstücken oder Malereien das Thema noch einmal aufgreifen.
Ziel: Gewaltfreie Schule bieten
„Schule und Gewalt sind zwei Begriffe, die nicht zusammengehören, die nicht zusammengehören dürfen“, erklärte Gerhard Hein als Schulleiter der August-Sander-Realschule plus mit Fachoberschule am Montagmorgen (19. Juni) während der Auftaktveranstaltung, „die Realität ist aber eine andere. Aber welche Schule ist ohne Gewalt – sei es in psychischer oder physischer, also geistiger oder körperlicher Art?!“ Die eine sei klar spürbar, die andere werde unterschwellig praktiziert. Er halte es als Schulleiter für seine unabdingbare Pflicht, für jede Schülerin und jeden Schüler eine gewaltfreie Schule zu bieten, „in der jeder ungestört lernen kann“. Dass das nicht immer funktioniere, „wissen wir alle“. Um so mehr freue es ihn, dass „man uns als Schule nicht allein lässt und uns professionelle Hilfe in Form von Schulung bietet“. Sabine Bätzing-Lichtenthäler, Vorsitzende des WEISSEN RINGS in Rheinland-Pfalz, betonte, dass es darum gehe, Gewalt im Alltag aufzuklären, dass „man versucht, euch dabei zu helfen, wenn ihr Gewalt begegnet, dass ihr Lösungen findet, damit umzugehen und am besten verhindert, dass überhaupt Gewalt entsteht“. Der WEISSE RING sei ein Verein, der sich um Opfer von Straftaten kümmere. „Neben dieser Opferberatung machen wir auch Prävention“, fügte sie an, „wir wollen nicht erst dann helfen, wenn jemand Opfer geworden ist, wir wollen durch die Prävention verhindern, dass Menschen überhaupt Gewaltopfer werden. Das ist uns als WEISSER RING ein Herzensanliegen.“ Gewalt könne körperlich sein, das könne Gewalt aus dem Internet sein, es gebe viele Formen von Gewalt. Man könne gar nicht früh genug mit Deeskalation beginnen.
Vor über einem Jahr geboren:
Dieter Lichtenthäler, Außenstellenleiter des WEISSEN RINGS im Kreis Altenkirchen, ließ kurz Revue passieren, wie die Zusammenarbeit mit den Lions Club in einem Gespräch mit Andreas Düngen vom Lions Club Altenkirchen vor über einem Jahr im April 2022 entstanden sei. Die Idee der Lions sei gewesen, einen Kooperationspartner für Präventionsmaßnahmen zu finden. Denn die Prävention sei ein wichtiges Satzungsziel. Dann sei das Konzept erstellt worden. Wichtig sei die Nachhaltigkeit des Projekts. „Die Schule ist ein guter Ort“, legte Düngen dar, denn in ihr seien alle gleich, „alle haben die gleichen Rechte, und alle können gemeinsam etwas machen. So haben wir dann das Konzept entwickelt mit dem WEISSEN RING. Und ich denke, dass wir ein überzeugendes Konzept entwickelt haben“. Erster Polizeihauptkommissar Frank Boden, Leiter der Polizeiinspektion Altenkirchen, nannte das Angebot „gut und wichtig, das wir natürlich unterstützen“. Er verwies zudem auf die Initiative der Beamten, die selbst in Schulen unterwegs seien, um über die Gefahren der sozialen Medien aufzuklären und darzustellen, „was aus einer banalen Meldung werden kann“. Neben der Schule in Altenkirchen kommen (auch achte oder neunte) Klassen der Westerwaldschule in Gebhardshain, der IGS Betzdorf-Kirchen, der Marie-Curie-Realschule plus in Bad Marienberg, des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums in Betzdorf und der IGS Hamm in den Genuss des nicht alltäglichen Unterrichts. Finanziert wurde er als Spende in Höhe von 10.000 Euro der Lions Clubs an den WEISSEN RING. Das Geld stammte aus dem Verkauf der Adventslose von vor Weihnachten 2022.
Bericht: AK-Kurier